Ausstellungsbeitrag der Klasse 8.4 zur Ausstellung „Gegen das Vergessen“

Wir sind Schüler*innen einer 8. Klasse des Alexander von-Humboldt-Gymnasiums und haben es uns zur Aufgabe gemacht, etwas zum Ausstellungsprojekt „Gegen das Vergessen“, welches im Juli hier im Bezirk in der Familienberatungsstellung in Johanisthal stattfindet, beizutragen. Dafür haben wir uns jeden Donnerstag in der Klassenleiterstunde in Gruppen zusammengesetzt und zur Geschichte verschiedene Orte in Schulnähe recherchiert, an denen es vor dem Nationalsozialismus jüdisches Leben gab, und Flyer gestaltet. Mitte Juni haben wir uns dann an diesen Plätzen in Köpenick aufgestellt, auf die jüdische Geschichte des Ortes hingewiesen und unsere Rechercheergebnisse den Passanten präsentiert.

Jüdisches Leben in der Altstadt Köpenick

Unsere Klasse beschäftigte sich mit dem Thema Juden in Köpenick, da unsere Schule sich in Köpenick befindet. Köpenick gehörte seit 1920 zu Berlin und war der größte Bezirk mit vielen Ortsteilen. Durch die Industrialisierung siedelten sich große Unternehmen wie AEG und NAG an. So wuchs Köpenick wirtschaftlich. Ab 1812 gab es eine große jüdische Zuwanderung durch die allgemeine Wanderungsbewegung und einen starken Zuwachs an jüdischen Gemeinden und auch generell Zuwachs in den Gemeinden. Laut der Volkszählung im Jahr 1933 gab es im Bezirk 882 Juden, davon waren 55 „Geltungsjuden“. Als „Geltungsjuden“ wurden nach NS-Gesetzen Juden eingestuft, die christlich getauft waren, aber jüdische Vorfahren hatten. 399 Menschen gehörten zu jüdischen Gemeinden im Bezirk. Im Nationalsozialismus wurden Juden verfolgt, entrechtet, systematisch vernichtet und deportiert: mindestens 256 Juden aus diesem Bezirk. Das führte dazu, dass es im Jahr 1945 laut der Volkszählung nur noch 108 Juden in Köpenick gab. Im Jahr 1947 (Nachkriegszeit) wurden die Opfer des Faschismus öffentlich geehrt. Es sollte an die Verfolgten und an die Helfer, die Juden versteckten und unterstützten, erinnern.

Projekt „Gegen das Vergessen“

„Gegen das Vergessen” ist ein internationales Erinnerungsprojekt von dem Fotografen Luigi Toscano. Es begann 2014 und er möchte damit die Holocaust-Überlebenden würdigen. Der Fotograf porträtierte 400 Menschen aus Ländern wie Deutschland, USA, Israel, Russland, der Ukraine und vielen anderen Ländern. Jedes Porträt enthält auch eine kurze Biografie der Person. Die Menschen erzählen von ihrer Flucht, Zwangsarbeit, Verfolgung und Konzentrationslagern. Ziel des Projektes ist es, die Erinnerung zu bewahren, solange noch Zeitzeugen leben und jeden einzelnen zu würdigen. Toscano möchte außerdem die menschlichen Gesichter hinter der Geschichte zeigen und über heutige Formen von Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz aufklären. Gezeigt wird die Ausstellung weltweit.

Entstehung des Projekts

Unsere Klasse hat sich gemeinsam entschieden, als Klasse an der Ausstellung „Gegen das Vergessen“ mit einem eigenen Ausstellungsbeitrag teilzunehmen. Zu Beginn des Projekts haben wir uns in Gruppen geteilt. Jede Gruppe hat ein konkretes Thema zum Leben jüdischer Menschen in Köpenick bekommen. Danach hat jede Gruppe eigenständig Informationen gesammelt und recherchiert. Anschließend wurden die Ergebnisse als Texte verfasst. Sie waren alle sehr informativ und spannend. Damit sich die Gruppen nicht nur gegenseitig ihre Texte vorlesen, haben wir uns dazu entschieden, einen Rundgang durch Köpenick zu gestalten. Dabei soll jede Gruppe ihr Thema an dem passenden Ort vorstellen. Um diese Idee zu verwirklichen, hat jede Gruppe einen Flyer entworfen. Im Kunstunterricht haben wir gelernt, wie man einen Flyer gestaltet, der optisch ansprechend und inhaltlich klar ist. Danach begann die kreative Arbeit: Jede Gruppe entwickelte ihren eigenen Flyer passend zum Thema, welche alle sehr gelungen sind. In den folgenden Unterrichtsstunden haben wir den Ablauf des Rundgangs besprochen. Jede Gruppe konnte selbst entscheiden, wie sie diesen Ort präsentieren möchte – zum Beispiel gab es kurze Vorträge, kreative Darstellungen oder zusätzliche Materialien. Außerdem hatte die Klasse die Idee, eine Stadtkarte von Köpenick zu erstellen und darauf die Orte zu markieren, die im Projekt eine Rolle spielen. Insgesamt ist die Vorbereitung sehr gelungen, denn wir konnten selbstständig in kleinen Gruppen arbeiten und kreativ werden.

Erinnerungsspaziergang gegen das Vergessen

Mitte Juni unternahmen wir unseren Erinnerungsspaziergang „Gegen das Vergessen“. Es erwies sich für uns alle als lehrreiche Exkursion in die Altstadt. Unser Ziel war es, die Geschichte zu erforschen und das Bewusstsein für ihre Bedeutung in unserer Gemeinschaft zu stärken und gegen das Vergessen zu arbeiten. Der Spaziergang führte ins an insgesamt sieben Stationen in der Altstadt, an denen unsere Mitschüler für uns und die Passanten interessante Vorträge hielten. Während des Rundgangs verteilten wir Flyer an interessierte Passanten, um das Wissen über diese bedeutsame Geschichte in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Unser Rundgang wurde durch ein engagiertes Elternpaar, eine Historikerin sowie durch unsere Klassenlehrerin begleitet. Diese Erfahrung war nicht nur lehrreich, sondern vertiefte auch unser Bewusstsein für die Bedeutung des Erinnerns.

Fazit

Abschließend kann man sagen, dass der „Erinnerungsspaziergang gegen das Vergessen“ uns nicht nur geschichtliches Wissen vermittelt hat, sondern auch gezeigt hat, wie wichtig es ist, sich zu erinnern und Verantwortung zu zeigen. Durch unsere Auseinandersetzung mit dem Schicksal jüdischer Menschen in Köpenick und unserer Beteiligung an der Ausstellung „Gegen das Vergessen“ konnten wir dazu einen aktiven Beitrag leisten. Unser Rundgang durch Köpenick lehrte uns, dass Geschichte nicht nur in Büchern stattfindet, sondern auch vor unserer Haustür. Es ist wichtig, hinzusehen – damals wie heute. Unsere Klasse hat auf jeden Fall gelernt, wie wichtig es ist, sich mit der Geschichte seiner Umgebung zu befassen. Wir hoffen, dass der von uns entwickelte Erinnerungsspaziergang auch einmal von anderen Menschen gegangen wird und auch diese zu interessanten Erkenntnissen gelangen.

Charlotte Dörr, Emilia Hartelt, Linn Schilling und Charlie Wetzel