Shewsbury: „Ein gebrechlich Wesen ist das Weib.“
Elisabeth: „Ich will in meinem Beisein nichts von der Schwäche des Geschlechtes hören.“
Dieses sehr modern anmutende Zitat stammt aus Friedrich Schillers Trauerspiel „Maria Stuart“, welches im Jahr 1800 am Weimarer Hoftheater uraufgeführt wurde. Am Freitag, 28.02.2020, besuchte unser Leistungskurs Deutsch des 11. Jahrganges die Vormittagsvorstellung der Inszenierung am Theater an der Parkaue.
Das Stück setzt drei Tage vor Marias Hinrichtung im Jahre 1568 ein. Maria Stuart, Königin von Schottland, ist wegen der angeblichen Beihilfe zur Ermordung ihres Gatten sowie der anschließenden Heirat mit dem Mörder außer Landes gejagt worden. Sie flieht nach England und bittet dort um Asyl bei ihrer Verwandten, der englischen Königin Elisabeth. Diese befürchtet jedoch, dass Maria ihr die Krone streitig machen und Anschläge verüben könnte. Kurzerhand lässt Elisabeth sie einkerkern.
Das Stück erzählt von der Gefangenen und ihrem Versuch, das bereits verkündete Todesurteil abzuwenden. Gleichzeitig ringen verschiedene politische Lager entweder um die Befreiung oder die baldige Hinrichtung Marias. Elisabeth, umgeben von mächtigen Beratern, schwankt. Bei einem Treffen der beiden Königinnen demütigt Elisabeth die flehende Maria, die wiederum mit Stolz reagiert. Das Versöhnungstreffen misslingt ebenso wie ein Befreiungsversuch und ein Mordkomplott. Letztlich unterschreibt Elisabeth die Hinrichtungsurkunde – Maria Stuart wird enthauptet.
Zugegebenermaßen betraten wir den Bühnenraum mit einiger Skepsis, da der am Eingang überreichte Flyer auf eine sehr moderne Adaption des Stoffes schließen ließ. Es empfing uns ein originelles Bühnenbild, das sich während der gesamten Handlung nicht veränderte. Der Boden war vollständig mit der englischen Flagge ausgekleidet und verdeutlichte somit den übermächtigen Handlungsort. Gegenüber den Notenständern für die chorischen Passagen des Stücks befand sich ein Schlagzeug und die Schlagzeugerin Karoline Körbel war auch durch ihr Kostüm in das Bühnengeschehen integriert.
Überhaupt spielten Kostüme in dieser Inszenierung eine wichtige Rolle. So präsentierte sich der englische Hofstaat wie ein buntes Zirkusensemble in auffälligen, bunten Roben. Die Figuren erschienen stark überzeichnet und verdeutlichten so hervorragend das falsche und intrigante Spiel bei Hofe. Schade nur, dass Lord Leicester dem ränkeschmiedenden Schönling des Dramas so wenig glich. Wir erlebten einen bierbäuchigen, etwas schüchternen jungen Mann, der kaum zu dem Bild zu passen schien, das wir uns von dem Günstling der Elisabeth gemacht hatten.
Besonders überzeugend spielten Kinga Schmidt als Maria Stuart und Caroline Erdmann als Elisabeth.
Maria Stuart trug einen noch unfertigen durchsichtigen Reifrock sowie verschiedene türkisfarbene Elemente, die auf ihre schottische Herkunft hinwiesen. Das unfertige Kostüm zeigte einerseits ihre Position als entmachtete Königin und spiegelte andererseits ihre ungebrochene Lebensfreude und Emotionalität wider.
Im Gegensatz zu Maria erschien Königin Elisabeth im modernen Cricket-Outfit mit Handstaubsauger und brach zunächst die Maskerade bei Hofe. Im Verlaufe der Handlung veränderte sich sowohl ihr Charakter als auch ihr Kostüm. So erschien Elisabeth am Schluss des Stückes als weiß geschminkte, gealterte Frau in einem prunkvollen, starren Kleid, welches hervorragend das Gefangensein in ihrer Rolle repräsentierte. Die verzweifelten, ungehörten Rufe nach ihrem Buhlen Leicester betonten Elisabeths Einsamkeit und gaben der arrogant wirkenden Monarchin Risse.
Die Sprache wurde, von Kürzungen des Textes und wenigen modernen Einsprengseln abgesehen, nahezu unverändert aus Schillers Werk übernommen. Zusätzlich verlieh die Schlagzeugerin Karoline Körbel einzelnen Passagen Nachdruck und rhythmisierte die Dialoge. Darüber hinaus wurde der gesamte Raum und seine Gegebenheiten als Instrument genutzt, um Atmosphäre zu schaffen und die Handlung effektvoll zu untermalen. Vereinzelte musikalische und tänzerische Einlagen der Schauspielerinnen und Schauspieler gaben dem Stück eine gewisse Lockerheit.
Nach der Aufführung hatten wir die Möglichkeit, an einem Publikumsgespräch teilzunehmen. Dabei konnten wir den Schauspielerinnen und Schauspielern, dem Regisseur Albrecht Hirche und dem Dramaturgen Andreas Steudtner Fragen stellen sowie Kommentare äußern. Wir sollten uns auch entscheiden, ob wir lieber mit Elisabeth oder Maria frühstücken würden. Insgesamt erhielten wir durch das Publikumsgespräch interessante Einblicke in verschiedene Intentionen, die das Stück begleiteten.
Schlussendlich erwies sich unsere anfängliche Skepsis als unbegründet. Wir hatten einen unterhaltsamen Vormittag im Theater und genossen die gelungene Inszenierung des Dramas.
Wer also eine moderne Aufführung mit viel Witz, einer sehr guten Schlagzeugerin sowie exzellenten Schauspielerinnen und Schauspielern sehen möchte, dem empfehlen wir einen Besuch im Theater an der Parkaue.
(Deutsch Leistungskurs, 11. Jahrgang, Foto: imago images)