Praktische Semesterarbeit:
ERFINDEN EINER IDENTITÄT MIT EINER EINDEUTIGEN GRUNDBEFINDLICHKEIT DURCH ORIGINELLE INSZENIERUNG
- Entwicklung einer spannungsvollen Komposition
- Ausdrucksstarker Einsatz von Farbe, Form und Komposition
- Schriftliche Reflexion des Arbeitsergebnisses und Verteidigung vor dem Plenum
Das Selbstporträt soll psychologische Züge tragen, eine seelische Verfassung ausdrücken, physiognomische Aspekte treten dabei in den Hintergrund.
Reflexionen zum Selbstporträt
Auf der Suche nach einer originellen Idee war ich auf Schwierigkeiten bezüglich der Darstellung und der Umsetzung gestoßen. Meine ursprüngliche Intention war es, durch Verformung und Verzerrung meine Identität im Formungsprozess zum Erwachsenwerden zu zeigen.
Daher weist das Bild weitgehend abstrahierte Formenelemente auf. Das Selbstbild zeigt ein verzerrtes und zum Teil deformiertes Gesicht eines Mädchens oder einer jungen Frau vor einem zergliederten Hintergrund. Obwohl sie dem Bildbetrachter zugewandt ist und frontal gezeigt wird, erscheint es nicht so, als würde sie den Betrachter direkt ansehen. Ihr Blick wirkt eher auf einen weiter entfernten Punkt, vielleicht auch auf die Zukunft, gerichtet.
Die Figur ist wie herangezoomt ins Bild gesetzt. Sie nimmt die gesamte Aufmerk-samkeit des Betrachters ein. Es liegt eine Asymmetrie vor, da die Gesichtsform und -details asymmetrisch sind und die Haare auf der linken Seite liegen. Farb-, Form-, Struktur- und Richtungskontraste erzeugen eine gewisse Bildspannung.
Grundlegend ist das Bildobjekt abstrahiert gestaltet. Der Umriss und die Binnengliederung sind vereinfacht und so auf das Wesentliche reduziert. Proportionen und Gesichtsdetails verzichten auf Plastizität. Details, wie zum Beispiel die Augen, werden durch die Verzerrung betont und verschoben. Spitze Formen und scharfe Konturen lösen eine Disharmonie aus, die durch konkave und runde Formen nicht ganz ausgeglichen werden kann. Die Verzerrung und Übersteigerung der Bildform unterstützen den emotionalen Ausdrucksgehalt. Die Asymmetrie verstärkt die Disharmonie: Es ist nicht eine ästhetisch ansprechende Person dargestellt, sondern ein sich verändernder Mensch.
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Kurz vor den Abiturprüfungen stehend, ist es unvermeidbar, sich über seine Zukunft Gedanken zu machen. Wo möchte ich hin? Was möchte ich werden? Wie möchte ich gerne sein? Diesen Prozess der Entwicklung und unvollendeten Formung soll mein Selbstporträt darstellen.
Insbesondere diese Selbstreflexion hat mich dazu gebracht, über meine eigene Identität und Individualität nachzudenken, wie ich es sonst nicht getan hätte. Auch wenn ich zu keiner wirklichen Lösung zu der Frage „Wer bin ich?“ gekommen bin, so bin ich mir jetzt doch im Klaren über die vielen Facetten meiner Persönlichkeit und meines Charakters.
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Könnte ich mein Selbstporträt noch einmal malen, würde ich es sehr viel stärker abstrahieren, weil mir der Begriff Identität nun so abstrakt erscheint. Ich würde auch stärkere Farbkontraste und mehr Farbtöne einsetzen, um auf die Vielschichtigkeit einer Person aufmerksam zu machen.
Dass man eine ganze Persönlichkeit nicht in einem Bild darstellen kann, wurde mir deutlich vor Augen geführt. Eine bestimmte Facette der Identität lässt sich jedoch sehr wohl darstellen: Hier die Unsicherheit, Sorgen und Ängste und gleichzeitig die Freude auf die Zeit nach dem Abitur, der ich erwartungsvoll entgegen sehe.
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Das Porträt zeigt ein Mädchen aus der Frontalansicht mit einem neutralen Gesichtsausdruck, die Mundwinkel sowie die Augenbrauen sind leicht angehoben. Ihr Blick ist direkt auf den Betrachter gerichtet.
[…] Farblich ist alles auf die Farben Schwarz, Weiß und Rot beschränkt. Dabei ist das Rot als Akzent verwendet, um aus dem Monochromen auszubrechen und besondere Bildelemente hervorzuheben. Der Farbauftrag ist an vielen Stellen sehr unsauber und verklumpt, was jedoch zum Rustikalen des Bildes beiträgt.
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Das Gesicht bleibt verborgen, da es nicht nur „ein Gesicht“ gibt. Die Farbwahl von Blau und Rot symbolisiert zwei verschiedene Seiten, die im Kontrast zueinander stehen. Die Rückenfigur öffnet sozusagen den Vorhang zu den verschiedenen Facetten, die man haben kann und welche von der jeweiligen Stimmung abhängen. Rot kann somit für Wärme und Liebe stehen, aber genauso für Wut. Blau kann Ruhe, Stille, aber auch Kälte ausdrücken. Die willkürliche Vermischung stellt eine Verknüpfung zwischen den verschiedenen Stimmungen dar, sie können ineinanderfließen oder ineinander übergehen.